#42 Sind unterm Himmel wirklich alle gleich? Über einen Unterschied zwischen Geldanlegern und Wohlstandsbi

Über einen Unterschied zwischen Geldanlegern und Wohlstandsbildnern.

Im Moment ist Winter in Deutschland. Für Schönwetterpiloten wie mich ist der Winter eine Zeit normalerweise ohne die Fliegerei, denn bei Minusgraden dick vermummt, mit eisigen Fingern schlotternd im Wind ein Flugzeug checken, tanken, Öl messen, Luft in die Reifen pumpen, im Cockpit frieren, bis endlich der Motor warmgelaufen ist – all das ist meine Sache nicht. Ja, ich geb´s zu, ich bin jetzt 50 und in dem Alter darf im Wort Komfortzone auch mal die Betonung auf Komfort liegen.

 

Aber es gibt Ausnahmen, was die Komfort-Fliegerpause betrifft, und die gibt es eben auch nur im Winter. So wie kürzlich: Strahlend blauer Himmel, keine Wolken, Sonne satt mit schon erstaunlicher Erwärmungskraft, null Wind, über 200 km Sicht. Und das Beste: Weil 90 % der Piloten wie ich verweichlichte Warmduscher sind, wenn‘s ums Fliegen geht, ist Ruhe am Himmel und im Funk. Alles ideale Voraussetzungen für einen entspannten Flug wohin? Ins Gebirge, denn das ist es besonders reizvoll in hoher Luftdichte die von Schnee und glitzerndem Eis überzogenen Gipfel zu umkurven.

Also übers Allgäu ab in die Alpen, natürlich vorher gepflegt und schön langsam auf Augenhöhe am Schloss Neuschwanstein vorbeibrummen und, so der Plan, nach dem Gebirgsflug zum Mittagessen und Kaffee nach Hohenems-Dornbirn nahe Bregenz. Warum ich das so ausführlich erzähle? Na klar, um ein bisschen anzugeben. Kein Pilot tut sich die Pflichten und Mühen an, die mit der Fliegerei verbunden sind, wenn er nicht ein bisschen angeben kann und stolz sein kann auf das Stückchen Freiheit und Lebensqualität. Komm, da soll mir doch kein Pilot was anderes erzählen. Ich will damit auch jeden inspirieren, das auch erleben zu wollen, denn es geht doch im Leben letztlich nur darum: um unvergessliche Erlebnisse. Doch ich ziele auf was ganz Anderes ab:

Mein fliegerischer Plan ist auch schön aufgegangen – bis aufs Mittagessen, denn der komplette Bodensee bis hinein nach Vorarlberg war überdeckt von einer geschlossenen, flauschigen Wolkendecke. Da ist eine Landung für Sichtflieger unmöglich, weil wir nicht durch Wolken fliegen, wenn uns unser Leben lieb und teuer ist. Also ab zu einem anderen Flugplatz, schon in der Nähe der Heimat. Allerdings mit gehörigem Druck auf der Blase nach 2 Stunden Gebirgsflug, den ein das Flugzeug steuernder Pilot nicht so leicht loswird. Rechts anhalten und aufs Klo geht nicht. Also was tun? Ich habe schon Mitflieger im Cockpit sitzen gehabt bei der Umkreisung des Matterhorns in der Schweiz, ohne jede Möglichkeit zu landen, die haben ihre Plastiktrinkflasche zwischen die Beine geklemmt, womit die flüssige Notdurft auf dem Sitz neben mir zur Hälfte daneben ging. Das sind die weniger schönen, aber lehrreichen Erlebnisse in der Fliegerei, da zwicke ich also selbst mal lieber zusammen. Aber das ist ja heute gar nicht Thema des Gesprächs. Vielleicht wollte ich nur die Angeberei von eben etwas abmildern.

Zurück zur Wolkendecke über dem Bodensee, und mit der nähern wir uns endlich dem Wohlstandsbildner-Thema: Wer im Flugzeug sitzt oberhalb dieser Decke hat einen zauberhaften, unvergesslichen Blick auf Wolken, die wie aneinanderklebende Marshmallows putzig-pludrig-plauschig-pittoresk vor sich hinwabern, um auch mal ein paar P-Wörter aus meinem reich gefüllten Adjektiv-Schrank geholt zu haben.

Was man da oben aber so leicht vergisst: Unter dieser Wolkendecke, also am Boden bei der Fußgänger-Perspektive, da ist es zur gleichen Zeit ja wie? Nasskalt, deprimierend grau, und der normale Mensch da unten denkt sich: „So ist jetzt eben das Leben, und jeder andere hat dieses depressive Winterwetter auch zu ertragen.“

Und nun die Frage: Ist dieses triste, graue, ungemütliche Dasein am Boden wirklich ein für alle gleiches Schicksal, gleichermaßen für Arm und Reich? Natürlich, die Bedingungen sind für alle gleich. Es gibt aber einen bedeutenden Unterschied:

Menschen ohne Vermögen, die abhängig sind vom Hamsterrad eines Jobs, müssen jetzt nicht nur exorbitant steigende Benzin-, Gas-, Strom- und Nahrungsmittelpreise aushalten, sondern auch diese Wetterbedingungen. Anders bei Menschen mit Vermögen und einem beruhigend dicken Liquiditätspolster: Die ärgern sich auch über allseits steigende Preise, aber nicht zu lang und bezahlen sie halt. Die haben auch ihre Hamsterräder namens alltägliche Verpflichtungen, aber es sind eben freiwillige Verpflichtungen, vor denen sie flüchten könnten, ohne existenzielle finanzielle Einbußen.

Und müssen Vermögende das nasskalte, grau-depressive Wetter ertragen? Ja natürlich! Aber ein Gedanke, die Vorstellung eines Szenarios, macht das schlechte Wetter gleich viel erträglicher: Sie erinnern sich, dass immer auch eine Welt über den Wolken existiert, genau zur gleichen Zeit! Und sie könnten, wenn sie Lust hätten, in diese Welt wechseln. Muss ja nicht mit dem Flugzeug und über den Wolken sein, Hauptsache Sonne, mit dem Auto ist man in 4 Stunden auch in Südtirol oder im Tessin. Doch zwischen abhängig und frei, zwischen arm und vermögend, zwischen Geldanleger und Wohlstandsbildner, ist das immer Entscheidende: die Wahl zu haben. Wahlmöglichkeiten zu haben. Lebensalternativen zu haben, immer, ob werktags oder am Wochenende, und das nicht als unerreichbare Fantasie, sondern als Szenario, das immer greifbar wäre, das du verwirklichen könntest, wenn du wolltest. Und jeder kann sich vorstellen: Eine Alternative, die man wirklich hat, fühlt sich im Körper ganz anders an als eine Alternative, von der man nur träumt.

Für die Lebensqualität spielt es da keine Rolle, ob ein Wohlstandsbildner diese Alternativkarte zieht oder nicht, meistens wird er es sein lassen und macht halt sein Geschäft und seine Termine weiter wie jeder andere auch. Es geht nur um dieses Gefühl der Selbstermächtigung, um dieses Gefühl zu können, wenn man wollte. Wählen zu können als Gefühl der Freiheit.

Wer jetzt denkt, der Ogger kann daherreden, sowas Versnobtes und Arrogantes, der mit seinem Flugzeug… Dem will ich seine Perspektive nicht nehmen, nur meine dazulegen dürfen mit drei Punkten:

  1. Finanzielles Niveau sieht von unten leicht aus wie Snobismus und Arroganz. Man kann auf dieses Niveau beharren und sich ärgern über die anderen, wo wir doch wissen, dass da meist nur der Wunsch dahintersteckt, auch mit mehr Wahlmöglichkeiten durchs Leben gehen zu können. Ein Perspektivwechsel käme nur mit der Frage: Wie komme ich auch dahin? Und genau diese Initiationsfrage haben irgendwann alle Vermögenden gehabt, die sich ihr Vermögen selbst aufgebaut haben.
  2. Über den Wolken zu fliegen oder jederzeit in die Sonne fahren zu können, das waren nur plakative Beispiele. Wohlstandsbildner haben genauso viel Probleme wie Geldanleger. Nur keine finanziellen, und damit können sie sich einfach andere Problemen zuwenden, die vielleicht, ja vielleicht interessanter sind und tiefere Schichten unseres Bewusstseins berühren. Das hatte ja schon ein ehemaliger Hamsterrad-Podcast zum Thema.
  3. Und das ist die Message, der stiftende Gedanke meines Redens und Tuns: Ein finanziell hohes Niveau, Wohlstandsbildung und Fülle, die nie weniger wird, ist für jeden in unserer Gesellschaft erreichbar, wenn er den Wunsch danach hat und sich wirklich entscheidet, den Weg dorthin anzutreten. Würde ich nur etwas erzählen, was nur einer scheinbaren Elite von reich Geborenen möglich wäre, beim Himmel, das wäre nicht nur versnobbt, sondern psychosozial bedenklich. Das überlassen wir mal lieber so Leuten wie Donald Trump, der wahrscheinlich ohne seinen ererbten Reichtum völlig unbekannt und verarmt wäre und womöglich noch mehr Prozesse am Hals hätte als heute. Nein, ich rede nur von der zweiten von vier Stufen der finanziellen Entspannung, von der Stufe der wirtschaftlichen Absicherung, die jedem zugänglich ist – wenn er nicht erst als Rentner mit 80 mit Wohlstandsbildung anfängt. Es beginnt immer mit der Frage: Wie komme ich dorthin? Dann könnte eine zweite Frage sein: Wie sind denn andere dorthin gekommen? Und die dritte ergibt sich fast von selbst: Wäre es mir möglich, es genauso zu machen?

Fazit: Geld macht nicht glücklich, weil das gar nicht der Zweck des Tauschmittels Geld sein kann. Geld kann den Weg zum Glück ebnen, wenn man mit ihm Wahlmöglichkeiten eintauschen kann. Und die können sehr wohl glücklich machen, weil sie eines unserer tiefsten Grundbedürfnisse berühren: das Bedürfnis nach Autonomie und nach der Freiheit, das eigene Leben gestalten zu können.
Nun, ein Blick hoch in den wolkenverhangenen Himmel genügt zuweilen, um diesem Bedürfnis mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Und um damit schon wieder ein bisschen Wohlstandsbildung zu praktizieren.

Für ein Leben in Fülle,
Euer Andreas

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