#7 Zins oder Ertrag

Der Wohlstandsbildner-Podcast mit Andreas Ogger, der sich als Investor frech traut, einen Anspruch von teilweise 2-stelligen Renditen zu erheben. Reflexartig denkt da mancher Anleger, ich müsse ein Glücksspieler, Blockchain-Spekulant, Währungshändler und sowieso ein Großmaul sein.

Und weil es sich bei der Unterscheidung zwischen Zins und Ertrag um ein derart wichtiges und manchmal verwirrendes Thema handelt, gibt es heute eine Podcast-Episode nur dazu; dafür habe ich das Skript eines älteren Videos, das sicher nicht alle gesehen haben, weitreichend überarbeitet. Klären wir also ein für alle Mal, was der Geldanleger mit Zinsen und der Investor mit Erträgen zu tun hat. Und das ist nichts weniger als die Frage über Sein oder Nichtsein eines gelingenden Vermögensaufbaus.

Schon vor 2000 vor Christus wurden die ersten Zinsgeschäfte gemacht, damals noch in Form von Naturalien. Mit der Einführung des Geldes waren Zinsen dann in Geldform eine Entschädigung und Bezahlung dafür, dass jemand für eine gewisse Zeit auf Konsum verzichtet. Er verleiht sein Geld stattdessen an jemanden, der das geliehene Fremdkapital verkonsumieren oder investieren kann. Zurückgezahlt wird dann das aufgenommene Kapital zuzüglich eines Aufgeldes, und das ist der Zins.

 

Was die meisten übersehen: Daran hat sich bis heute nichts geändert! Leihe ich einer Versicherung mein Geld, bekomme ich z. B. für eine Lebensversicherung Zinsen, während die Versicherung mit meinem Geld arbeiten kann. Leihe ich es einer Bausparkasse, bekomme ich für den Bausparvertrag Zinsen, während die Bausparkasse mit meinem Geld arbeiten kann. Und leihe ich es dem Staat, bekomme ich für Staatsanleihen Zinsen, während der Staat seine Schulden bezahlen kann –  und überall bekomme ich, wenn ich Glück habe, nach einer vereinbarten Zeit mein Geld zurück zuzüglich Zins, berechenbar in der Höhe und auf den Tag genau. Hier bin ich überall das, was ich einen Geldanleger oder Geldverleiher nenne und nicht Investor, denn:
Anleger mit reinen Zinsprodukten investieren ihr Geld überhaupt nicht, auch wenn sie es immer denken, nein, sie verleihen es nur an jemanden, und DER investiert es vielleicht.

Wovon hängt nun die Höhe des Zinses ab? Natürlich von der Laufzeit des Darlehens, aber viel wichtiger: Je wahrscheinlicher es ist, dass der Geldverleiher sein Geld wiedersieht, der Schuldner also eine hohe Bonität hat, desto geringer fällt der Zins aus. Deshalb gilt grundsätzlich, nicht nur in Nullzinsjahren: Hohe Zinsen sind auch hochspekulativ, weil die Bonität dahinter unsicher ist. Würde ich heute, im Jahr 2020, zweistellige Zinsen auf legalem Weg haben wollen, müsste ich mein Geld in Staatsanleihen eines Landes legen, das Ramschstatus hat und kurz vor dem Staatsbankrott steht – die Bonität also alles andere als gegeben ist. Je höher das Risiko, desto höher ist auch die Zinsbelohnung für das Wagnis, Geld zu verleihen.

Leihe ich dagegen dem deutschen Staat Geld, der die höchste Bonitätsstufe hat, zahle ich für die Sicherheit, mein Geld wiederzusehen, sogar Geld drauf! Das nennt man Minuszinsen, und das kehrt das gesamte Zinssystem um, wie wir es bis heute kannten, und pervertiert unser Finanzsystem auf eine noch nie dagewesene Weise. Keine Ahnung, wie dieses Experiment ausgeht, aber das soll heute nicht Thema des Gesprächs sein. Der Anleger von heute jedenfalls, der absolut sichere Zinserträge haben will, weiß von vorneherein nur eins: dass er Geld verliert – entweder durch Minuszinsen oder durch Inflation; das passiert zwar lautlos, ist aber genauso schmerzhaft.

Jetzt gibt es aber institutionelle Anleger, also professionelle Managements, die Milliarden Dollar verwalten; die müssen ihr Geld auf höchst sichere, konservative Weise anlegen, weil es sich etwa um Rücklagen für Rentenzahlungen handelt: also Pensionsgeld, auf das sich Professoren und Bedienstete, die in Rente gehen, verlassen. Die Manager dieser Milliarden erwarten nun trotz höchstem Sicherheitsanspruch nachweislich zweistellige – ja was jetzt – Zinsen? Natürlich nicht, denn das wäre zu riskant, wie oben erklärt. Was sie aber erwarten können, ist ein zweistelliger Gewinn bzw. Ertrag auf ihr Geld oder, um den Überbegriff für jede Art Gewinn auf Investitionen zu verwenden: Sie erwarten eine zweistellige Rendite. Und warum das nichts mit Spekulation zu tun hat, will ich anhand eines Beispiels aus dem Jahr 2017 erklären:

Spiegel online hat am 20.09.2017 über die Universität Harvard berichtet, die von 8,1 % Rendite aus 2016 – ich zitiere – „enttäuscht“ war. Liegt doch die Durchschnittsrendite bei amerikanischen Spitzenunis bei 13 %, und einige davon kommen auf knapp 15 %. Ja, 15 %. Und mir schreibt in Facebook einer dieser alles kommentierenden Finanzexperten zu dem Thema: „13 %, Blödsinn, gibt es nirgends.“
Tja, der gute Mann hatte ja auch Nüsse im Sinn, während ich von Kürbissen gesprochen habe.
Natürlich gibt es 13 %, aber nur für den, der sein Geld auch wirklich selbst investiert, und wie macht er das? Er investiert es in Wertschöpfungsketten, wo das Geld etwas von Wert erschafft – und dafür bekommt der Investor einen Ertrag, er wird am Gewinn beteiligt; und das kann pro Quartal sein, pro Jahr oder auch erst am Ende einer vereinbarten Laufzeit, wenn ich durch den Verkauf meiner Anteile die Wertschöpfungskette wieder verlasse, was man dann passenderweise Exit nennt.

Wem 13 oder 15 % noch viel erscheinen: Es gibt einzelne Konzerne, deren Wertschöpfung innerhalb eines Jahres deutlich über 50 % Gewinn auswirft, Apple zum Beispiel; und das ist ein Zeichen von Wagemut und Spekulation? Nein, es ist ein Zeichen von wirtschaftlicher Gesundheit, und das macht ein Investment plausibel und gerade wegen der hohen Erträge weniger riskant, weil hohe Erträge viel Fallhöhe übrig lassen für wirtschaftlich schlechtere Zeiten. Aber leider ist Apple börsennotiert, daher wäre für mich hier ein Investment völlig uninteressant, denn bei allem, was an der Börse ist, ist der Drop schon gelutscht. Die Firma sollte nur ein Beispiel sein für zweistellige Renditen durch Wertschöpfung und es gibt viele große Unternehmen, die noch rentabler arbeiten.

Also: Hoher Zins = hochspekulativ und gefährlich. Hoher Ertrag dagegen aus einer gesunden, profitablen und wichtigen Wertschöpfungskette ist nur logisch und höchst wahrscheinlich, auch wenn man nie genau weiß, ob man nun genau bei acht, 11, 14 oder 24 % Rendite landet und wann die Rendite fließt.

Aber auch mit der höchsten Wahrscheinlichkeit gibt es natürlich Risiken: Wer nicht gut prüft und vielleicht auch nur brutales Pech hat, kann in einer Wertschöpfungskette landen, die keinen Wert schafft bis hin zum Totalverlust, wenn alles kaputtgeht. Investoren, die Beteiligungen an Wertschöpfungsketten irgendeiner Art eingehen wollen, müssen daher in den Zeichnungsunterlagen unterschreiben, dass sie sich der Möglichkeit eines Totalverlustes bewusst sind, egal, wie  wahrscheinlich das ist oder nicht; so verlangt es sinnvollerweise der Gesetzgeber, denn er will es mit mündigen Anlegern zu tun haben, die wissen, was sie tun und die im schlimmsten Fall nicht unter der Brücke landen.

Das Risiko eines schweren Verlusts bis hin zum Totalverlust kann also auch ein Wohlstandsbildner nie völlig ausschließen, aber minimieren kann er es, und zwar indem er nicht irgendjemanden sucht, der für sein Geld haftet wie in der Zinswelt, sondern indem er die Investition auf das untersucht, was ich nun schon öfter „Plausibilität“ genannt habe. Das klingt so besonders, ist es aber nicht: „plausibel“ ist letztlich nur ein Fremdwort für „gesunder Menschenverstand“; und den schalte ich ein, um wie mit einer Checkliste 6 Faktoren einer Investition zu prüfen, und diese sechs Faktoren unterteilen sich wiederum in mehrere Kriterien. Und dann sieht man schon ganz schön viel und hat nicht nur ein Gefühl, sondern auch konkrete Gründe, die für oder gegen ein Investment sprechen.

Noch einmal eine abschließende Bemerkung zur Uni Harvard: Die FAZ, also eine andere Zeitung, schreibt kurz und bündig zum oben erwähnten Jahresergebnis der Universität: „Die Universität Harvard hat mit ihrem Vermögen im vergangenen Jahr 8 % Rendite gemacht. Davon träumen viele Privatanleger – doch den Profis ist das zu wenig.“

Finanzseminar - Vom Geldanleger zum Investor
Finanzseminar – Vom Geldanleger zum Investor

Genau das ist Thema meines Finanzseminars für Privatanleger: Wie denken Anlageprofis, die richtig viel Geld verantworten, wie investieren die? Was sind gute Wertschöpfungsketten, wie finde ich sie und wie prüfe ich sie? Was sind die 6 Spotlights eines lebendigen Portfolios? Und warum ist das Ganze kein trockener Wirtschaftsstoff, sondern hat in jeder Faser mit dem Leben selbst zu tun?

Das beschreibe und zeige ich ausführlich aus Investorensicht. Interessant ist das für alle, die es für möglich halten, dass es neben der allgemein vertrauten Zinswelt noch eine andere gibt, nämlich die Ertragswelt – eine Welt, in der ich nicht bei Banken und Versicherungen Geld anlege, sondern wie Banken und Versicherungen; denn die tummeln sich fleißig in dieser Welt und sie wissen mehr denn je, warum in Zeiten historischer Minuszinsen.

So aufwändig, wie das vielleicht klingt, ist das übrigens nicht; für das eigene Geld ist das nur ein kleiner Sprung, raus aus dem Zinssystem hinein in die Welt echter, gut geprüfter Werte. Für die eigenen Glaubenssätze kann es allerdings ein großer Sprung sein. Doch dafür dauert das Seminar auch insgesamt 12 Stunden, damit eine sanfte Landung garantiert ist.
Und dazwischen findet das statt, was ich als Investor und als Pilot am liebsten mache: nämlich fliegen und diese Leichtigkeit spüren, auch wenn es um größere Geldmengen geht. Fliegen mit Investitionen oder mit einem Flugzeug, das ist gar kein so großer Unterschied. Es fühlt sich beides einfach richtig gut an, wenn man weiß, was man tut.

Das erwähnte ältere Video zum Thema „Zins oder Ertrag“

 

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