#79 Wirecard oder das Momentum des Betrugs

Was der Verlust und was der Aufbau großer Geldmengen miteinander zu tun haben.

Das Wohlstandsbildner-Blitzlicht für gelingenden Vermögensaufbau und ein gutes Leben. Heute wird es kriminell spannend mit dem Thema „Wirecard oder das Momentum des Betrugs – Was der Verlust und was der Aufbau großer Geldmengen miteinander zu tun haben.“

Wer sich für viel Geld begeistern kann und aus dem Verlust von viel Geld viel lernen will, der ist bei einem der weltweit größten Betrugsfälle bestens aufgehoben – und das ist Wirecard. Wir alle haben davon gehört, doch nur wenige haben sich damit wirklich beschäftigt – vielleicht auch deshalb, weil das Kartenhaus, das da zusammengefallen ist, so komplex verschachtelt aufgebaut wurde, dass bis heute viele Fragen offen sind, wohin welches Geld geflossen ist.

Wie eine digitalisierte Bankenwelt große Betrugsfälle zulässt und fördert

Wie über 20 Mrd. Euro, finanziert von Banken und mehr als 100.000 Kleinanlegern, wie die in dunkle Kanäle umgeleitet oder verpulvert werden konnten, sowas ist nun mal komplexer als das Vorgehen von Bankräubern à la „Mit leeren Taschen rein in die Bank, schießen und mit vollen Taschen wieder raus“ – wobei die spannende Serie aus Spanien „Haus des Geldes“ zeigt, dass man auch das intelligent durchziehen kann. Wenn es sich aber heutzutage um richtig viel Geld handelt, das in falsche Taschen geleitet wurde, dann bestand dieses Geld nur aus Bits und Bytes; und deren Wege durch die digitale Bankenwelt können so verschlungen und verwirrend angelegt werden, dass sie selbst für Experten lange Zeit unergründlich bleiben.

Der Wirecard-Fall – Allgemeinbildung für viele Wissengebiete

Wird diese Komplexität aber in einfachen Worten aufgedröselt, dann kann jeder von uns enorm viel lernen; so eine Aufdröselungs-Produktion zum Wirecard-Betrugsfall will ich heute empfehlen. Zumal sie jedem kostenfrei zur Verfügung steht. Da geht es dann in die Tiefen unseres Justizsystems, es geht um Finanzen und aufgeblähte Bilanzen, über Journalismus als sog. vierte Gewalt im Staat oder auch nicht, um heroische Mütter, hochintelligente Narzissten, unbestechliche Ermittler, knallharte Staatsanwälte, raffinierte Rechtsanwälte, ausgemusterte Geheimdienstleute, monströse Fälschungen, Spionage und Untreue, peinliches, ach was, oberpeinliches Behördenversagen – kurz: man lernt eine Menge über Menschen, Finanzen und über unseren Staat, und das in komprimierter und doch unterhaltsamer Form anhand einer wahren Geschichte – einer Geschichte, die zudem noch tagesaktuell ist! Warum? Weil erst Anfang 2023 der Mammutprozess beginnen dürfte, als erstes gegen Markus Braun, dem Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens. Außerdem ist Wirecard jetzt schon ein begehrtes Studienobjekt zum Thema Bilanzfälschung, Untreue, Bestechung und vieles andere mehr. Filmrechte zu dieser Geschichte wurden auch schon vergeben; wir dürfen uns also auf spannende Stunden im Kino freuen. Kurz: Der Fall wird noch viele Jahre die beschäftigen, die sich damit beschäftigen wollen.

Kompliziertes einfach präsentiert: Der Podcast zum Wirecard-Betrug

Ich bin einer von denen; ich wollte aber nicht auf Kinofilme warten, um mich in den Stoff einzuarbeiten. Ich habe mein Kopfkino angeschaltet mit Hilfe eines Podcasts: und zwar mit einer Produktion der Süddeutschen Zeitung, exklusiv zu hören auf Spotify mit dem knackigen Titel „Wirecard – 1,9 Milliarden Lügen.“ Link siehe Shownotes.

Zwei Staffeln lang gräbt sich dieser Podcast tief hinein in ein dickes, verworrenes Knäuel, das mit kleinen Betrügereien beginnt und womöglich mit großer Spionage enden könnte. So ganz genau weiß man das noch nicht, die globalen Ermittlungen laufen ja noch. Zugegeben, beim Hören der ersten Folgen war ich irritiert, dass die Sprecherin Laura Terberl das Ganze präsentiert, als wären 12-Jährige ihre Zielgruppe – kein Scherz, die Sprache ist wirklich so einfach. Doch der Inhalt ist so mitreißend spannend und gut strukturiert aufbereitet, dass ich es jetzt bewundere, wie etwas so Kompliziertes so verhältnismäßig einfach erklärt werden kann.

Meinem Flensburger Punktekonto hat der Podcast in jedem Fall einen guten Dienst erwiesen; denn ich fahre normalerweise nicht so langsam wie Lastwagenfahrer. Ich wollte halt möglichst spät ankommen, um mehr Zeit fürs Hören zu haben, weil es so spannend war. Großes Kompliment also an alle Produktionsbeteiligten, da steckt schon heftig viel Arbeit und Sachverstand drin.

Wirecard als Paradebeispiel für ein fatales Momentum

Wer sich dann auf zwei Staffeln Wirecard-Investigativrecherche einlässt, den fasziniert vielleicht genauso wie mich die Frage: Wie können ein paar gefälschte Belege am Anfang, die nur wenige fingierte Milliönchen in einem milliardenschweren Unternehmen ausmachten, wie können die zu so einem kolossalen Betrugsfall ausarten, der bis in die höchsten Behörden hinein Köpfe rollen ließ? Am Ende des Podcasts war es mir klar: Wirecard ist ein Paradebeispiel für ein Momentum! In diesem Fall für ein Momentum, das in einer noch andauernden Abwärtsspirale alles in den Abgrund reißt.

Denn anders ist nicht zu erklären, warum Leute nicht mehr aufhören konnten sich zu bereichern – obwohl Geld keine Rolle mehr spielte als Motivation, wenn schon Abermillionen auf dem Konto sind. Warum sie nicht mehr aufhören konnten globalen Einfluss zu nehmen und mächtiger zu werden, obwohl Einfluss und Macht immer mehr zur Last wurden. Die Wirecard-Strippenzieher konnten nicht mehr aufhören, weil sie das Momentum nicht mehr stoppen konnten, selbst, wenn sie wollten. Die Lawine, die durch diese Leute mit einst winzigen Fehltritten ausgelöst wurde, die hat sie am Ende mitgerissen und verschluckt.

Vom Gedanken zur Tat: Die Manifestationskette eines der größten Betrugsfälle

Das ist das Momentum einer kriminellen Kraft, die mit dem angefangen hat, mit dem alles in unserem Universum anfängt: mit einem Gedanken. Einem flüchtigen Gedanken, der so unbedarft klingt wie „Könnten wir nicht mal dies? Wie wäre vielleicht das? Und dieses Könnte und Wäre verwandelt sich in ein Wird und Kann: Aus Gedanken werden Worte. Aus Worten werden Sätzen. Diese Sätze werden irgendwann mit anderen ausgetauscht. Und schon führt diese Manifestationskette zu Taten – erst kleinen, dann immer mutigeren. Und irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo der Dominostein, der den nächsten Stein umstößt, zu groß, zu schwer geworden ist, dass ihn nicht mal mehr eine ganze Gruppe von Willigen aufhalten könnte.

Alle großen Dramen und Heldengeschichten sind Momentum-Geschichten

Im Grunde sind alle Geschichten, die in einer Katastrophe enden, Geschichten über ein nicht mehr zu stoppendes Momentum. Diese Geschichten sind es dann, die zu Podcasts werden, die ins Kino kommen, die viele Jahre viele Menschen beschäftigen, von denen einige für viele Jahre hinter Gittern landen. Die großen Geschichten in der Chronik der Menschheit sind durchweg Momentum-Geschichten. Denn alles, was groß wurde, hat mal klein angefangen.

Und das ist es, was mich an der Wirecard-Geschichte ermutigt und glücklich macht: wie zuverlässig und unsagbar mächtig ein Momentum wirken kann! Denn was in gerade mal 20 Jahren in einer milliardenschweren Abwärtsspirale enden kann, das kann doch auch mit einer Aufwärtsspirale funktionieren! Dem Momentum, dem ist es völlig egal, ob es runterzieht oder aufbaut, es ist einfach ein Gesetz, das alles durchdringt, was es gibt. Und natürlich gilt das auch für den Aufbau großer Geldmengen!

Gelingender Vermögensaufbau als Momentum mit ehrbaren Ursachen und Folgen

Achtsamer, spürbarer, auf ethische Weise erzeugter Vermögensaufbau ist für mich das Abbild einer Aufwärtsspirale, die ihre Kraft aus einem Momentum zieht, das einst mit vielen kleinen und geduldigen Schritten initiiert wurde. Dieses Momentum kann jeder erzeugen, jetzt, sofort, mit dem ersten Gedanken, der zu weiteren Gedanken führt, die irgendwann zu Worten werden, die wiederum in Taten, in Aktionen münden. Einfach mal ein paar Schritte machen, um bewusst eine Lawine loszutreten, aber eine Lawine des Glücks, der Erfüllung und des persönlichen Wachstums.

Ab dann geht alles von selbst. Im Falle von Vermögensbildung heißt das: Geld erschafft Geld ohne weiteren Energieaufwand durch den Investor selbst. Diese Investoren müssen keine Gelegenheiten mehr suchen, die Gelegenheiten finden ihre Investoren. Ich nenne das in einem der entscheidenden Kapitel des Finanzseminars die Stufe, aber der sich das System selbst verwaltet und erweitert. Das ist dann Freiheit. Das ist Freude. Und das ist müheloses Wachstum.

Die Energie des Anfangs in jedem Erschaffensprozess

Doch man bekommt Wachstum nicht aus dem Blauen geschenkt. Das muss man sich schon erschaffen wollen, und dieser Erschaffens- oder Schöpfungsprozess kann mal mehr oder weniger Jahre dauern – Jahre, die man einem Momentum nun mal geben muss, um sich zu entfalten. Und: Diesen Prozess anzustoßen und zu befeuern kann am Anfang auch mal anstrengend sein. Jedes Perpetuum mobile braucht nun mal jemanden, der die Energie des Anfangs bereit war zu investieren.

Zum Abschluss will ich euch noch ein starkes Beispiel vor Augen führen, was ein Momentum bewirken kann. Es handelt von einem Menschen, der sich getraut hat, den ersten kleinen Schritt einer Reise anzutreten, von deren möglicher Dauer und Strapaze er sich nicht hat einschüchtern lassen:

Die Kraft des Momentums: Warum 1 Million Blinde wieder sehen können

1974 gab es in Bonn eine Religionslehrerin namens Rosi Gollmann. Der Wikipedia-Link zu ihr steht auch in den Shownotes. Diese Frau wollte sich nicht damit abgeben, dass in Bangladesch Millionen Menschen erblinden am Grauen Star, der sich mit einer kleinen Operation recht leicht beheben lässt. So eine OP hat damals 26 D-Mark gekostet – eine lächerlich kleine Summe für uns, ein kleines Vermögen damals in Indien. Also wollte sie Spenden einsammeln mit dem Ziel, dass mindestens eine Million Menschen wieder sehen können.

Was wurde ihr gesagt? „Eine Million Blinde – wo willst du denn da anfangen?“ Ihre einfache Antwort: „Mit dem ersten!“ Und sie hat angefangen die Art von Geld einzusammeln, das Investoren Lovely Money nennen: Sie hat angefangen, im Freundes- und Bekanntenkreis um Spenden zu bitten. Daraufhin konnten schon bald die Ersten operiert werden. Über Umwege erfährt ein damals populärer Fernsehmoderator davon, Franz Alt; der berichtet dann mehrmals darüber in seiner Fernsehsendung „Report Baden-Baden“. So kamen recht schnell 20 Mio. Mark an Spenden zusammen.

2003, also weniger als 30 Jahre später, konnte der millionste Blinde operiert werden. Bis heute sind es mehr als 1,4 Mio. Menschen, die wieder sehen, arbeiten und besser leben können, weil eine von Rosi Gollmann ins Leben gerufene Stiftung dieses Projekt weiterführt neben vielen anderen Projekten, die durch die Stiftung mittlerweile finanziert werden. Dieses wunderbare Momentum nimmt also bis heute immer größere Dimensionen an.

Momentum ist ein ziemlich genaues Synonym für: Fülle natürlich! Fülle ist nirgends sofort da. Sie braucht Zeit, um sich aufzubauen. Das gilt für Fülle, die destruktiv wirkt wie im Fall Wirecard; das gilt aber genauso für Fülle, die sich segensreich über uns ergießt. Ich wünsche uns allen ein Leben in Fülle der zweiten Art.

Euer Andreas

 

Shownotes

Podcast Wirecard – 1,9 Milliarden Lügen: https://open.spotify.com/show/5JYitG4bOM3sVmAQRdX1Na

Rosi Gollmann: https://de.wikipedia.org/wiki/Rosi_Gollmann

 

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