#6 Meike fragt, wann Investieren Sinn macht

Der Wohlstandsbildner-Podcast mit Andreas Ogger, heute mit dem Thema: Wann ist der beste Zeitpunkt einer Investition und warum kann es riskant sein, wenn man sein Geld so lange wie möglich auf dem Konto lassen will.

Es geht um die Frage einer Frau, die investieren will, wir nennen sie hier einfach mal Meike, auch wenn sie anders heißt. Meike ist über die Hinweise in meinem Finanzseminar auf eine Vermögensanlage gestoßen. Die meisten meiner Podcasts verdanken übrigens ihre Existenz genau solchen Fragen – Fragen, die mir zeigen, was Menschen in der heutigen Geldwelt beschäftigt und Fragen, die manchmal unfreiwillig demonstrieren, woran es Deutschland wirtschaftlich mangelt, um noch in den besten Wirtschaftsnationen unserer Welt mitspielen zu können.

Die Verweigerung, Wertschöpfungsketten anzustoßen

Zurück zu Meike mit ihrem interessanten Investment. Da ging es nicht um eine börsennotierte Geldsammelstelle, der man jederzeit beitreten und aus der man jederzeit aussteigen kann, sondern um einen Topf mit einer bestimmten, nicht mehr veränderbaren Kapitalmenge für eine bestimmte Anzahl von Investoren. Irgendwann ist der Topf voll und dann kann niemand mehr mitmachen, was den Vorteil hat, dass Gewinne – wenn denn welche entstehen – nicht mehr verwässert werden können.

Weil aber der Topf eine bestimmte Größe hat, also begrenzt ist, kann er auch nur für einen begrenzten Zeitraum zum Investieren offenstehen, denn sonst würde er ja irgendwann überlaufen. Man muss ihn also schließen, wenn er voll ist, und daraus wurde der Name für diese Anlageklasse abgeleitet: geschlossene Fonds.

Diese Anlageklasse hat es über Jahrzehnte geschafft, sich einen sportlich-schlechten Ruf aufzubauen, denn mit Schiffsfonds und anderen Konstruktionen dieser Art wurden schon Milliarden verbrannt. Doch um diese Geschichten soll es heute nicht gehen, ich sage nur: Ja, geschlossene Fonds sind gefährlich für Leute, die nicht wissen, was sie tun. 80 % der in Deutschland angebotenen geschlossenen Fonds tragen in meinen Augen eine Lizenz zur Geldvernichtung mit sich herum und sind daher höchst verzichtbar, weitere 16 % sind vertretbar, aber nicht grandios, und wie in jedem Lebensbereich gibt es auch unter den geschlossenen Fonds 4 %, die begeistern, durch Leistung, Transparenz und tolle Projekte überzeugen und die ein Segen sind für die Finanzwelt und für unsere Wirtschaft. Wer weiß, wonach er suchen muss, wird diese 4 % finden. Und die besagte Dame wusste es, da erlaube ich mir dann doch noch einmal den vielleicht werbewirksamen Wink auf mein Finanzseminar.

Finanzseminar - Vom Geldanleger zum Investor
Finanzseminar – Vom Geldanleger zum Investor

Nun halte ich mich eng ans wirkliche Geschehen und ich zitiere ungekürzt meine Antwort auf Meikes Frage, was ich denn von ihrem vorgeschlagenen Investment halte. Ich habe geschrieben:

„Du hast da ein brillantes Anlageprodukt gefunden für eine überschaubare Laufzeit und für viel Sicherheitsbedürfnis. Ich nutze es gerne für Mandanten, die Kapital zur Einmalanlage zur Verfügung haben und damit leben können, wenn es für fünf oder sechs Jahre angelegt ist. Zwischenzeitliche Renditen gibt es hier nicht zum Wohle der endfälligen Rendite, schließlich zehrt jede Art von Vorabausschüttung am Kapitalstock und nimmt der Wertschöpfungskette etwas an Kraft; dieses Geld thesauriert das Management in diesem Fall und strebt deshalb auch eine zweistellige Rendite an.“

Nun schreibt mir Meike zurück, nachdem sie sich mit den Details der Anlage beschäftigt hat: „Die Beitrittsphase geht ja bis Mitte 2021. Was passiert mit dem Geld, das bereits jetzt bis dahin eingezahlt wurde? Gibt es darauf auch Erträge? Oder geht das quasi erst ab Mitte 2021 los? Kann ja irgendwie auch nicht sein, dann würde ja keiner früh zeichnen. Erklär mir das mal bitte.“

Genau das will ich hiermit tun, und ich tue es etwas ausführlicher für Investoren, die etwas tiefer schauen wollen in die Konstruktion eines gelungenen Anlageprodukts:
Tatsache ist also für Meike, dass unsere große Regulierungsstelle für Geldanlagen jeder Art, die BaFin bzw. Bundesaufsicht für Finanzdienstleistung, diesen geschlossenen Fonds Anfang 2020 als Angebot für die Öffentlichkeit freigegeben hat. In dem Topf sind schon ein paar Millionen, aber natürlich hat er noch viel Platz bis zur möglichen Schließung Mitte 2021. Warum also jetzt investieren und nicht warten bis Mitte 2021?

Dazu muss man auch wissen, in was dieser geschlossene Fonds denn investiert. Ich werde das jetzt bewusst ganz allgemein halten, denn es geht nicht um ein besonderes Produkt, sondern es geht um das Prinzip von Wertschöpfung.

Also: Der geschlossene Fonds investiert in Wertschöpfungsketten, die für einen Wohlstandsbildner direkt oder indirekt etwas zu haben mit Infrastruktur, sog. Value Ad-Immobilien und Agrikultur. D. h., das Management kauft sich mit Anteilen zu einem bestimmten Zeitpunkt in so eine Wertschöpfungskette ein; wenn nun gut gearbeitet wird, gewinnen die Anteile an Wert; und zu einem bestimmten Zeitpunkt, der meistens schon beim Einstieg vereinbart wurde, verkauft das Management die Anteile wieder, oft an institutionelle Anleger; die wollen Anteile oft langfristig in ihrem Portfolio halten und sind dabei auch mit geringen Renditen zufrieden zugunsten von Stabilität und der Tatsache, dass sie überhaupt was Gutes gefunden haben, in das man heutzutage Milliarden sichern kann. Denn auf dem Girokonto ist Geld nun nicht am besten aufgehoben, was hier auch noch Thema sein wird.

Es ist also das weltweit gleiche und seit Jahrtausenden bestehende Prinzip der Wertschöpfung:
Du kaufst etwas günstig oder – noch besser – erschaffst es sogar aus dem Nichts, machst es wertvoll und interessant für eine möglichst große Zahl an potentiellen Abnehmern und verkaufst es zu einem teureren Preis. Und die Differenz zwischen Einkauf und Verkauf ist dein Bruttogewinn. Dann bist Du zwar raus aus der Wertschöpfungskette, hast aber hoffentlich einen guten Ertrag in der Hand und kannst damit erneut Wert schaffen, mit was auch immer.

Wenn das Management seine Arbeit versteht – und das tut es wahrlich in den 4 %-Perlen der geschlossenen Fonds -, dann ist eins ziemlich sicher: Es wird ein Gewinn entstehen. Zwei Dinge können aber nicht vorhergesagt werden: 1. Wie hoch wird der Gewinn sein? 6 %, 10 %, 14,3 %? Und: 2. Wann werden die Erträge ausgeschüttet? Auch wenn die Laufzeit mit fünf Jahren vorgegeben ist, kann das nicht verbindlich sein, schließlich reden wir hier über Geschäfte, die hunderte von Millionen abwickeln. Wer schon einmal versucht hat, auch nur eine Villa für 1,5 Million zu verkaufen und den bestmöglichen Preis herausholen will, wird wissen, dass das drei Monate oder drei Jahre dauern kann.

Das alles ist ganz normal, wenn es um echte Wertschöpfung geht, da ist vieles so variabel wie das Leben selbst. Ganz anders dagegen die Welt, in der man Geld per Knopfdruck auf einer Tastatur erfindet, und das ist die Zinswelt! Das ist die Welt, mit der wir aufwachsen und die uns auch immer in Tuchfühlung hält mit den Elementen, die für Zinsen stehen – das ist die Politik der Europäischen Zentralbank, das sind die vom Gesetzgeber favorisierten Produkte, das ist die Welt der Banken und Versicherungen, in der man einen Zins versprochen bekommt und der auf den Tag genau abgerechnet werden kann. Denn Zinsen sind kein Ertrag, hinter denen ein Wert steht, sondern das Versprechen eines Schuldners: Denn wer Zinsen bezahlt, hat vorher Geld geliehen.
Doch darüber habe ich ja an anderer Stelle schon viel mehr erzählt. Nun also meine Antworten und Gegenfragen für Meike, die vor der Wahl steht: Jetzt zeichnen oder erst zum Ende der verkaufsoffenen Zeit kurz vor der Schließung des geschlossenen Fonds?

Liebe Meike, Deine Frage ist berechtigt. Wenn der Zeitpunkt einer Investition keinerlei Unterschied machen würde, dann wäre es ja geradezu töricht, jetzt zu investieren, wenn es auch noch in eineinhalb Jahren geht. Deine Frage gibt mir in jedem Fall die Gelegenheit, noch einmal auf den Unterschied zwischen einem Zinsprodukt und Wertschöpfung einzugehen, und ich bin sicher, dass Dir die Struktur der vorliegenden Vermögensanlage dann auch klarer wird.

  1. Erlaube mir für den Anfang eine Gegenfrage: „Was denkst Du, Meike, würde mit dem Angebot des geschlossenen Fonds passieren, wenn alle den gleichen Gedanken hätten wie Du?“ Dann würde es eingestampft und stünde niemandem mehr zur Verfügung. Denn für die Genehmigung bei der BaFin muss das Management eine Mindestsumme angeben, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gezeichnet sein muss und das Maximum, das bis zum Ende der verkaufsoffenen Zeit eingesammelt werden darf. Wenn also ein Jahr lang niemand investiert, hat das Management einen sechsstelligen Betrag umsonst für die Genehmigung bei der BaFin investiert, umsonst erste Projekte definiert, die mit dem ersten Geld finanziert werden sollten und umsonst 5 Leute angestellt, die die eingehenden Verträge bearbeitet hätten.
  2. Du fragst, ob es bis zum Ende der verkaufsoffenen Phase Erträge gibt. Ich nehme an, Du meinst mit „Erträge“ konkrete Ausschüttungen, die dir überwiesen werden, oder?
    Nein, es gibt keine Ausschüttungen. Wenn es welche gäbe, wäre die Chance arg groß, dass es sich um ein Schneeballsystem handelt, denn etwas von Wert braucht Zeit, um an Wert zu gewinnen.
    Es gibt aber etwas viel Wertvolleres! Was passiert mit dem ersten Geld, das also eingesammelt wird? Ein Teil davon finanziert die Kosten, die bei der Erstellung und Verwaltung des Fonds anfallen; diese Kostenquote ist im Prospekt klar benannt. Dann wird noch eine gewisse Liquiditätsreserve gebildet und der überwiegende Teil des Geldes wird sofort investiert in die ersten Projekte, die ein gutes Management viele Monate vorher auf dem Schirm hat, bevor dafür überhaupt Geld eingesammelt werden kann. Es entstehen also keine Erträge, es entsteht Wertschöpfung. Im Geschäftsbericht ist das die Steigerung des Nettoinventarwerts. Und nach einer gewissen Zeit wird diese Wertschöpfung versilbert, dann entstehen konkrete Erträge. Das ist nach 2-3 Jahren schon möglich, doch dann werden die Erträge nicht ausgeschüttet, sondern vom Management reinvestiert in einen zweiten Zyklus von Investitionen, um nach der Laufzeit von fünf oder sechs Jahren die Rendite deutlich zu steigern.
  3. Jetzt könntest Du sagen: „Sollen doch andere die ersten Projekte finanzieren, das muss ja nicht ich machen. Es wäre doch klug, ganz zum Schluss hineinzuhüpfen, um die Wertschöpfung mitzunehmen, die andere mir ermöglicht haben?“
    Ja, das ist richtig. Wenn sich also heute Anleger zum Investieren entscheiden, dann bist Du am Gewinn der zuerst finanzierten Projekte beteiligt, obwohl Du erst eineinhalb Jahre später dazu gekommen bist. Es gibt aber einen gewissen Ausgleich für die Frühfinanzierer: Einmal gibt es für Frühzeichner oft eine Art Frühzeichnerbonus, in dem Fall sind das 2 % pro Jahr, tagesgenau nach Einzahlungsdatum gerechnet. Das klingt nicht nach viel, aber ein Girokonto gibt lange nicht so viel her, ebenso wenig irgendwelche Geldmarktfonds für eine Laufzeit von einem Jahr.
    Außerdem sind die Frühzeichner auch am Gewinn der Projekte beteiligt, die wiederum mit deinem Geld und dem der anderen Spätzeichner finanziert werden! Am Ende nehmen alle im Verhältnis ihrer Einlage am Gewinn teil, egal, wann wer gezeichnet hat. Und ein kleines Risiko für Spätzeichner gibt es immer: Dass das Management das angestrebte Kapital vorzeitig erreicht und den Fonds früher schließt. Bei der letzten Beteiligungsmöglichkeit war das der Fall und einige meiner Mandanten sind tatsächlich leer ausgegangen.
  4. Die große Frage ist, Meike, was du für 15 Monate mit dem Geld auf deinem Girokonto anfangen willst? Wenn du eine lukrative, echte Werte schaffende Investition für so einen kurzen Zeitraum kennst, würde ich die gerne kennenlernen. Andere jedenfalls sind froh, wenn sie ihr Geld vom Konto wegkriegen, denn viele Banken verlangen über eine gewisse Einlage hinaus mittlerweile Minuszinsen.
  5. Falls unser Finanzsystem zusammenbricht, woran ich übrigens nicht glaube, aber genug Experten davon ausgehen, dann gehst du mit dem Verbleib des Geldes auf deinem Girokonto mehr Risiken ein als mit der Teilhabe an einem Sachwert, dem ein Finanzcrash keinen großen Schaden zufügt – von zeitlichen Verzögerungen der Wertsteigerungen vielleicht abgesehen.
  6. …und zum Schluss: Dein Geld auf dem Girokonto belastet Banken mit Minuszinsen und damit die ganze Branche, und dein Geld fehlt dem Wirtschaftskreislauf, der durch die Politik der EZB und durch unsere steuerunfreundliche Regierung zu wenig davon hat. Aber vielleicht beruhigt dich ja die Gewissheit, mehr als ein Jahr Zugriff auf das Geld zu haben, wenn du es erst später investierst. Ich habe auch viele Jahre meine Rechnungen am letztmöglichen Tag bezahlt und meine Investitionen bis zur Deadline gehalten, und meine Gesinnung dahinter war: Ich habe nicht genug Geld. Muss es behalten bis zum Schluss, muss es auf meinem Konto sehen! Pures Armutsbewusstsein! Entsprechend hat sich dieser Glaubenssatz auch in meinem Leben verwirklicht, jeden Tag aufs Neue. Verändert hat sich das erst, als ich Geld gerne – weg von der Parkposition – in Produktivkapital umgewandelt habe, und mir kam es immer so vor, als hätte das kluge Weggeben und Investieren von Geld ein Vakuum erzeugt, in das mir das Leben neues Geld hineinpacken konnte. Hätte ich das Geld ängstlich und verzagt bei mir gehalten, wäre kein Platz für neues dagewesen. Ich hoffe, du übst diese Art selbstverschuldeter Blockade nicht so lange wie ich.

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