#17 Vermögensaufbau – Was ist das?

Was ist „Vermögensaufbau“? Die Frage ist alles andere als trivial; wäre die Antwort jedem klar, hätten wir in Deutschland und weltweit nicht diese weit aufgeklappte Schere zwischen „arm, abhängig und zwangsweise arbeiten“ und „vermögend, frei und spaßweise aktiv sein“. Hier nun eine Definition für Vermögensaufbau, die so einfach wie überraschend daherkommt – und große Konsequenzen nach sich zieht, was man danach noch als wirklich wertvoll empfindet.

Man nennt es auch Expertenblindheit oder vor lauter Bäumen den Wald, ihr wisst schon: Also jahrelang über etwas referieren, aber eine der zentralen, scheinbar selbstverständlichen Vokabeln nicht zu definieren und in einen klärenden, erläuternden Kontext zu stellen. Den Schuh ziehe ich mir an für den Begriff Vermögensaufbau und danke einem Hörer des Wohlstandsbildner-Podcasts, dass er mich auf den blinden Fleck aufmerksam gemacht hat; und dass er vor allem so selbstkritisch und selbstsicher war, diese Frage „Was ist Vermögensaufbau“ nicht für zu einfach oder zu selbstverständlich zu halten. Denn das ist sie ganz und gar nicht; wäre die Antwort jedem klar, hätten wir in Deutschland und weltweit nicht diese weit aufgeklappte Schere zwischen „arm, abhängig und zwangsweise arbeiten“ und „vermögend, frei und spaßweise aktiv sein“.

Wie Investoren Vermögensgegenstände von Produktivkapital unterscheiden

Ich schließe mich einer Vermögensaufbau-Definition an, die wohl nur in Investorenkreisen bekannt ist, denn wenn ich diese Definition in Google als Zitat eingebe, wird nur meine Seite gelistet. Alle Ökonomen, mit denen ich gesprochen habe, kennen diese Definition schon mal nicht. Die sind vielleicht gut darin, Vermögen zu analysieren, aber Vermögen aufzubauen, darin sind sie nur selten bewandert. Wirtschaftliche Kompetenz, das sieht man hier, muss nichts zu tun haben mit finanzieller Kompetenz im Sinne einer Bildung für Wohlstand.
Oder anderes Beispiel dafür: Auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mögen gut im Analysieren von Zahlungsströmen und im Zuordnen von Belegen sein, aber mit finanzieller Bildung mit dem Zweck, Vermögen aufzubauen, hat das nichts zu tun; dies nur als Nebenbemerkung, weil ich immer wieder erlebe, dass Leute tatsächlich Steuerberater fragen, wie sie ihr Geld anlegen sollen, anstatt die zu fragen, die erfolgreich Geld aufgebaut haben.

 

Weitreichende Zustimmung findet meine Definition für Vermögensaufbau allerdings bei Menschen und Institutionen, die sich ein großes Vermögen aus eigener Kraft aufgebaut haben. Beispiele und Quellen dafür bringe ich reichlich im Finanzseminar, daher spare ich mir an dieser Stelle einmal den Platz für Namen und Zitate. Doch jeder kann sich selbst auf die Suche nach Quellen machen, was auch recht schnell geht: Einfach, und das ist im Internetzeitalter wirklich einfach, die aktuellen Geschäftsberichte von börsennotierten Unternehmen studieren; da nimmt man sich natürlich die Unternehmen vor, die mit vielen Milliarden kapitalisiert sind und von denen bekannt ist, dass sie gut mit Geld umgehen können. Und dann in deren Bilanz unter Aktiva schauen, wo sie ihr Geld angelegt haben und aus welchen Quellen heraus sie Cashflow produzieren. Dann hat jeder schwarz auf weiß, was ich unter Vermögensaufbau verstehe.

Die Definition ist mit fünf einfachen Worten kurz, die Tragweite aber ist groß. Sie lautet:

Vermögensaufbau ist, was Einkommen schafft.

Deshalb müssen wir jetzt auch definieren, was Einkommen ist. Klären wir zuerst, was Vermögensaufbau und damit Einkommen nicht sind, nämlich nicht das, was viele dafür halten: die Anhäufung von Werten.

Beispiel 1, was Vermögensaufbau nicht ist: Eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus zu bauen, meistens auf Kredit, um selbst darin zu wohnen, ist kein Vermögensaufbau. Der Grund ist einfach: Habe ich denn ein Einkommen mit meiner eigenbewohnten Immobilie, selbst, wenn sie abbezahlt ist? Nein, habe ich nicht. Sich die Zahlung der Miete zu sparen ist eine Reduzierung der Ausgaben, ist aber kein Zufluss von Einkommen; das merkt jeder spätestens dann, wenn er arbeitslos ist, keine weiteren Einkommensquellen hat und von den abbezahlten Wänden seines Hauses nicht runterbeißen kann. Denn um etwas kaufen zu können, und wenn es etwas zu essen ist als absolutes Grundbedürfnis, dazu bedarf es eines Einkommens.

Außerdem greift dieses „Sich-die-Miete-sparen“ doppelt kurz, weil auch eine abbezahlte Immobilie immer Kosten verursacht, nämlich Steuern, Reparaturen, Instandhaltung, Versicherungen, gesetzliche Auflagen wie Heizung- oder Abgasvorschriften, neue Erlasse zum Dämmen oder Auflagen, aus welchem Material Fenster, Dachziegel, Wasserrohre oder sonst was sein müssen – letzteres habe ich jetzt erfunden, aber Politiker sind erfinderisch, wenn es um die Förderung der Konjunktur geht, indem neue, teure Vorschriften erlassen werden vor allem für stolze und unbewegliche, eben immobile Immobilienbesitzer, die leicht festzunageln sind.
Aus all diesen Kostengründen bezeichnet Robert Kiyosaki eine Immobilie auch nicht als Vermögenswert, sondern als lebenslange Verbindlichkeit. Ich denke, viele haben das in seinen wirklich lesenswerten Büchern schon erfahren.

Beispiel 2, was Vermögensaufbau nicht ist: Die Investition in Sachwerte wie Edelmetall, Kunst, Antiquariat, Oldtimer, Diamanten, Briefmarken oder die in den Teddybär von 1957. All das mögen Werte sein, aber sie schaffen, genauso wenig wie die eigenbewohnte Immobilie, kein Einkommen. Diese Werte mögen, sofern Werterhaltung gegeben ist, eine Art Vermögenssicherung sein, aber kein Vermögensaufbau. Steckt doch im Wort „Aufbau“ schon drin, dass das ein dynamischer, zunehmender Prozess ist, den man selbst steuern kann; aber bei all den aufgezählten Sachwerten bin ich davon abhängig, wie der Markt mit Angebot und Nachfrage den Wert der Dinge festsetzt.

Finanzseminar - Vom Geldanleger zum Investor
Finanzseminar – Vom Geldanleger zum Investor

Und wenn ich diesen Wert, sagen wir eine seltene Briefmarke, mit Gewinn in frei verfügbares Einkommen umwandeln will, um wieder liquide zu sein, dann muss ich erst einmal einen Käufer für die Briefmarke finden, was schon wieder Arbeit ist. Und ganz ungünstig für den Aufbau von Vermögen ist, dass ich nach dem Verkauf des Vermögenswertes vielleicht einen Gewinn habe, aber keinen Vermögenswert mehr. Der Gewinn bleibt also immer ein einmaliges Ereignis; mit „Einkommen schaffen“ hat das nichts zu tun, weil da nichts für einen schafft. Das sind alles Zug-um-Zug-Geschäfte, und ob ich jetzt ein Kilo Gold, eine Briefmarke oder ein Haus verkaufe – all das unterscheidet sich nicht vom Gurkenhändler, der sich morgens am Großmarkt für 50 Cent Gurken kauft und versucht, die bis zum Abend für 1,29 € zu verkaufen. Danach hat er Geld, aber keine Gurken mehr. Nachhaltiges, regelmäßiges und leichtes oder auch passives Einkommen, für das ich nicht dauerhaft arbeiten muss, ist das nicht. Das sind letztlich Tauschgeschäfte, bei denen im Einkauf der Gewinn liegt, aber es wird kein Einkommensstrom generiert.

Beispiel 3, was Vermögensaufbau und Einkommen nicht sind: Die viel beworbene und beschworene Aktie und die Bündelung von Aktien wie Aktienfonds oder ETFs. Das mögen auch Vermögenswerte sein, zumindest, wenn sich der Markt mit seinen oft irrationalen Schwankungen darüber einig ist und wenn die den Aktien zugrunde liegenden Unternehmen auch wirklich werthaltig sind. Der Vorteil von börsengehandelten Aktien ist ohne Zweifel, dass es recht leicht ist, diese Vermögenswerte zu verkaufen, denn dafür gibt es ja die Börse, und dass Kauf- und Verkaufsgebühren noch recht überschaubar sind im Vergleich zum Beispiel mit Edelmetall, das ja mords Kosten bei Kauf und Verkauf aufruft, was vielen nur leider nicht bewusst ist.

Aber wenn Aktien Einkommensquelle sein sollen und nicht Spekulationsobjekt, dann brauche ich viele Aktien im Portfolio, auf deren regelmäßige Dividendenauszahlung ich hoffen kann. Und hier kommt ein Begriff ins Thema hinein, der mit strategischem Vermögensaufbau nichts zu tun haben sollte: Ich muss hoffen, dass eine Dividende fließt. Und Hoffnung ist eine Sollbruchstelle, ist ein Mangel an Plausibilität und geht nach Murphy`s Law gerne gerade dann schief, wenn man am meisten auf eine Auszahlung angewiesen sein sollte.

Sicher, es gibt dividendenstarke und zuverlässige Aktien, doch selbst die können 1. durch Krisen wie Corona in die Knie gezwungen werden, dann fällt meine Dividende aus und 2. sind Aktien mit stabilen Dividenden teuer, weil solche Aktien jeder haben will; ich muss also schon etliches Vermögen haben, damit spürbar weiteres Vermögen dazukommt. Mit entsprechenden Geldmitteln geht das natürlich auch – der derbe Spruch des Teufels, der stets auf den größten Haufen scheißt, stimmt natürlich auch hier. Wer aber Vermögen aufbauen will, mit vielleicht geringen Mitteln zu Beginn, der wird die Erfahrung machen, dass effektiver Vermögensaufbau mit Dividendenaktien eine mühsame Geschichte ist, wenn er sich die überhaupt leisten kann.

Bei diesen drei Beispielen, die für mich keine Einkommen schaffende Instrumente darstellen, will ich es einmal belassen. Auf Zinsprodukte wie auch auf alles, was zur sogenannten „Altersvorsorge“ zählt, gehe ich jetzt auch nicht ein; an anderer Stelle habe ich genug darüber gesprochen, dass gerade die vom Gesetzgeber so geförderten und beworbenen Altersvorsorge-Produkte wenig bis nichts mit Vermögensaufbau, aber womöglich viel mit Lobbyarbeit zu tun haben – zum Wohle Einzelner, die dann in Fernsehshows wie der „Höhle des Löwen“ den Unternehmensförderer spielen dürfen auf Kosten Hunderttausender, die sich nicht fürs Alter angespart, sondern die sich in bitterböse Verluste hinein gespart haben.

Was sind das nun für Einkommensquellen, die einen regelmäßigen Zufluss von Geld und damit einen dynamischen Vermögensaufbau ermöglichen? Die für mich zwei wichtigsten und größten sind: 1. Einkommen aus Vermietung und Verpachtung. 2. Erträge durch Produktivkapital.

Und genau das bildet sich vornehmlich in den drei Säulen eines Wohlstandsbildner-Portfolios ab:
In den Säulen 1 und 2 schaffe ich mir regelmäßige Geldzuflüsse, ohne dafür arbeiten zu müssen, durch die Investition in Infrastrukturprojekte und in Entwicklungsimmobilien. Dazu kommen noch die Gewinne beim Verkauf der jeweiligen Projekte, was alle paar Jahre schubweise meine Liquidität erhöht und mir die Möglichkeit gibt, mein Portfolio den Gegebenheiten der Finanzwelt anzupassen – Gegebenheiten, die sich ja in immer kürzeren Zyklen gehörig wandeln und daher Anpassungsfähigkeit erforderlich machen.

Diese Art Einkommen ist viel lukrativer und vor allem müheloser im Vergleich zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die ich durch eine Wohnung oder ein Haus generiere, die ich vermiete, und ich habe ein geringeres Klumpenrisiko. Aber keine Frage: Ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, um sie zu vermieten, das ist eine weit klügere Investition, als selbst drin zu wohnen. Oder sagen wir besser: Es ist eine kleinere Investitionssünde, einfach, weil es bessere Möglichkeiten gibt, regelmäßiges Einkommen zu generieren. Davon kann sich jeder überzeugen, wenn er die zu Beginn des Podcasts erwähnten Bilanzen der milliardenschweren Unternehmen studiert; er wird mutmaßlich keine oder nur einen sehr geringen Anteil an Wohnimmobilien in den Aktiva finden.

Bei der dritten Säule Agrikultur habe ich keine Erträge aus Vermietung und Verpachtung, denn hier kaufe ich ja das Land; ich verpachte es nicht, sondern lasse es bewirtschaften. Das Land mit seiner Wertsteigerung dient nur als Vermögenssicherung; die eigentlichen Erträge gewinne ich, indem das investierte Kapital in Produktivkapital umgewandelt wird: Ich finanziere also produktive Wertschöpfungsketten, mit Produkte oder Dienstleistungen herstellen, die eine dauerhafte Nachfrage haben. Und daraus bekomme ich dann ein oder zweimal im Jahr, je nachdem, wie es gestrickt ist, meinen Anteil am Ertrag. Im Detail habe ich das ja schon in früheren Podcasts dargestellt.

Kann jeder in diesen drei Säulen die Vermögensaufbau-Definition „Vermögensaufbau ist, was Einkommen schafft“ wiederfinden? Ich glaube, es gibt viele gute Möglichkeiten, Einkommensströme aufzubauen, ich kenne ganz gewiss nicht alle. Meinen Ansatz habe ich mir abgeschaut von denen, die mit vielen Millionen und Milliarden ein sehr hohes Einkommen schaffen, und das verhältnismäßig krisensicher, um stetig wachsen zu können – denn Wachstum und Aufbau im Wort Vermögensaufbau sind ja letztlich Synonyme.

Vermögen aufbauen bedeutet also Einkommen zu schaffen mit Produktivkapital, das dauerhaft Einkommen in Form von Erträgen erwirtschaftet – im Gegensatz zu einer Verbindlichkeit, die vielleicht auch Einkommen, aber auch dauerhaft Kosten verursacht.

Vermögen aufbauen – Wofür eigentlich?

Und Vermögen haben bedeutet: Mein Produktivkapital versorgt mich regelmäßig mit so viel Geld, dass ich ohne Arbeit oder sonstigem Energieeinsatz für Geld mein Leben so gestalten kann, wie ich will. Das ist für mich wirtschaftliche Absicherung oder – eine Stufe höher – finanzielle Souveränität. Die kann jeder erreichen, wenn er nicht erst mit 65 damit beginnt – und wenn er weiß, was Vermögensaufbau ist. Ich kann nur jeden, der noch nicht auf dem Weg ist, zurufen: Los geht`s! Krisen, durch Viren, amerikanische Präsidenten oder sonst etwas hervorgerufen, verlieren weitgehend ihren Schrecken und der Weg macht viel Freude. Viel Erfolg dabei.

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